Auszug Rezension zu Roland Lampes Buch »Eines Morgens ist alles fort – Joachim Ringelnatz in Sommerfeld« von dem Journalisten Ralf Julke, erschienen in der Leipziger Zeitung, Rubrik Bildung & Bücher, am 1. August 2025.

 

Eines Morgens ist alles fort: 
Die letzten aufwühlenden Lebensmonate des Joachim Ringelnatz

In Erinnerung hat man ihn als unermüdlichen Vortragskünstler, der mit seinen Gedichten durchs Land reiste, meist in Seemanns-Uniform auftrat und der dann viel zu früh starb. Oder früh genug, um die ganzen Schrecken des Nazi-Reiches nicht mehr voll zu erleben. Vielleicht wäre er auch noch ihr Opfer geworden. Doch gestorben ist Joachim Ringelnatz an einer Krankheit, die 1934 noch als unheilbar galt: der Tuberkulose. Und Roland Lampe erzählt hier das letzte, tragische Stück aus dem Leben des kleinen Sachsen mit seinem unverwüstlichen Humor. [...]

Es ist nicht nur eine Leidensgeschichte, die Roland Lampe erzählt. Er beleuchtet die letzten Lebensmonate des Erfinders von Kuttel Daddeldu nach allen verfügbaren zeitgenössischen Quellen. Und da steht natürlich die Klinik Waldhaus Charlottenburg in Sommerfeld im Zentrum, wo Ringelnatz seinen letzten Sommer verbrachte in der Hoffnung, er könnte dort Heilung finden. Doch das Tagebuch, das er dort führte, erzählt die wahre Geschichte. Auch daraus zitiert Lampe, der aber eben kein Eremitendasein schildert. Im Gegenteil: Gerade weil er auch die Zeitgenossen zitiert, wird deutlich, wie groß der Kreis von Freunden und Bekannten war, mit denen Ringelnatz in Verbindung stand. Von seinem Verleger Ernst Rowohlt über den Schauspieler Paul Wegener (der dann die Grabrede hielt) bis zu Asta Nielsen, der berühmtestn Schauspielerin der Stummfilmzeit. Aber auch die Kritiker wie Alfred Polgar bewunderten ihn und selbst zu Hermann Hesse bestand ein herzliches Verhältnis. Es ist ein kleines Kulturpanorama der späten Weimarer Republik, das sich hier auftut. [...]

So umfassend hat bis jetzt noch niemand die letzten Lebensmonate von Joachim Ringelnatz beschrieben. Man kommt ihm näher, während er sich zusehends entfernt. Und wir sind dabei, weil nicht nur seine geliebte Muschelkalk in ihren Briefen an Freunde und Bekannte davon erzählt, sondern auch viele seiner berühmten Freunde ihre Erinnerungen aufgeschrieben haben. [...]

Sein Buch schließt Roland Lampe mit einem Besuch in der Klinik Waldhaus ab, einem Ort, der im Grunde noch genauso aussieht wie zur Zeit von Ringelnatz’ Aufenthalt. Und wer sich so durch die letzten Lebensmonate liest, entdeckt seinen Ringelnatz möglicherweise sogar ganz neu – verletzlicher, ernsthafter. Womit es auch eine Einladung ist, seine Bücher noch einmal mit anderen Augen zu lesen.

 

 

Auszug Rezension zu Roland Lampes Buch »Eines Morgens ist alles fort – Joachim Ringelnatz in Sommerfeld« von der Journalistin Christina Tilmann, erschienen in der Märkischen Oderzeitung und Lausitzer Rundschau, Rubrik Kultur, am 12. August 2025.

 

Vier Monate Liegekur im Waldhaus

Zunächst dachte er, es sei nur eine Erklältung: Husten, Fieber, Erschöpfung. […] Doch zurück in Berlin kommt bald die erschütternde Diagnose: Tuberkulose, damals noch nicht heilbar und schwer therapierbar. Vier Monate, von Juni bis Oktober 1934, wird der Dichter in der Klinik „Waldhaus Charlottenburg“ in Sommerfeld bei Kremmen verbringen. Der Autor Roland Lampe hat diesen Monaten nun im Findling Verlag ein eindringliches, auch erschütterndes Buch gewidmet. Denn Ringelnatz, bekannt vor allem als Humorist, verliert auch in Sommerfeld seinen Humor nicht, dokumentiert seinen Zustand in Briefen an Frau und Freunde – und schonungsloser in einem Tagebuch […] 

Ringelnatz, der am Sachsenplatz in Berlin-Westend lebt, genießt zunächst das Klima in Sommerfeld, beobachtet während seiner Liegekuren vom Balkon aus die Tiere im Wald, unternimmt mit seiner Frau Ausflüge zu Lokalen in der Umgebung. Doch dass das keine Sommerfrische, sondern tödlicher Ernst ist, machen seine Schilderungen der Mitpatienten deutlich – viele versterben in den vier Monaten, die Ringelnatz im Waldhaus verbringt. Und auch für den Dichter gibt es keine Rettung: Schwerkrank kehrt er am 3. Oktober zurück nach Berlin. Am 17. November stirbt er dort. Seine letzten Worte an seine Frau sind: „Lache doch, Muschelkalk“.

Roland Lampe schildert das so eindringlich wie empathisch, zitiert ausführlich aus Briefen und Aufzeichnungen, unternimmt Ausflüge nach Sommerfeld und Berlin, um zu erfahren, wie die Orte heute aussehen. Und er lässt einem Künstler Gerechtigkeit widerfahren, der keineswegs nur als Humorist wirkte, sondern von Größen wie Asta Nielsen, Paul Wegener und Renée Sintenis wegen seiner Menschlichkeit geschätzt wurde. Wer dieses Buch liest, wird seiner in Anteilnahme gedenken.

Roland Lampe
Eines Morgens ist alles fort – Joachim Ringelnatz in Sommerfeld

1. Auflage 2025

156 Seiten, Format 14 x 21 cm
Broschur mit Klappen
mit 65 Abbildungen
ISBN: 978-3-933603-87-6
Preis: 20,00 Euro

Erhältlich im Buchhandel oder im Onlineshop: klick!

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